Mittwoch, 19. Oktober 2011

Buchenwald

Eine kleine Exkursion, die ich heute mit Freundinnen unternah, brachte mich an einen furchtbaren und geschichtsträchtigen Ort: Buchenwald. Der Ausflug ist durch einen Entwurf zu begründen, den wir für das Gebiet eines ehemaligen Arbeits-Außenlagers anfertigen müssen. Dort mussten 250 Häftlinge Klinker herstellen, die ganzen Jahre lang. Nun sind dort Schulen, Parkplätze und ähnliches.
Buchenwald besuchte ich zuletzt in der siebten Klasse, es war mein erster und letzter Besuch dort und seitdem hat sich für mich nichts geändert: Der Ort ist grauenvoll. Ich kam an und wollte wieder weg. In er Luft hängt der ewige Mief des Falschen.
Das Problem, was ich mit diesem gesamten Thema habe, ist recht einfach zu umreißen: Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Genauer: Soll ich mich schuldig fühlen? Oder nicht? Was soll ich denn überhaupt fühlen? Demut? All das schwirrt schon immer wirr durch meinen Kopf und durch diese Aufgabe wurde es mächtig durchgeschüttelt.
Die Sache ist einfach die: Meine Eltern können nichts für diese Taten. Wahrscheinlich nichtmal meine Großeltern, diese waren zur Tatzeit gerade einmal Jugendliche. Eigentlich habe ich mit der Sache nichts zu tun. Ich bin raus. Aber seid ich denken kann, wird mir eingeimpft, dass das Geschehene grausam ist und das dies in meinem Heimatland geschah. Befleckte Geschichte. Es lässt sich nicht vergessen, denn auf allen Kanälen läuft zweiter Weltkrieg.
Es bringt nichts, wenn es mir Leid tut. Den Opfern hilft es nicht mehr. Das Einzige, was ich tun kann, ist den Opfern mit Würde entgegen zu treten. Als ich heute Tatsachenberichte der Gefangenen las, war ich oftmals tief berührt, musste manchmal schmunzeln und dachte auch: "Hut ab, das hätte ich mich nicht getraut!".
Dieser Besuch hat mir gezeigt, wie ich mit dem Thema umgehen soll. Hoffnungsvoller. Offener. Jeder weiß, dass es dort grausam war. Es sind in all den Jahren in Buchenwald 56.000 Menschen gestorben und ermordet worden. Das Lager war für 8.000 Häftlinge ausgelegt, teilweise waren über 110.000 Menschen untergebracht. Aber an all den kleinen Berichten, die erläutern, wie sie sich von Tag zu Tag hangelten, immer die Sonne sahen und selten den Regen, zeigen mir, dass diese Menschen Kraft hatten. Und das vereitelt haben, was die Nazis wollen: Sie haben ihre Persönlichkeit bewahrt. Und durch die Sabotage ihrer Arbeiten ihren Teil zum Scheitern des Ganzen beigetragen haben.
Ich möchte nicht mehr daran denken, dass die Gefangenen sich wegen ein paar Kartoffelschalen umgebracht haben. Nicht daran denken, dass jeder gegen jeden gekämpft hat, um mehr zu bekommen und doch immer alles weniger wurde. Ich möchte daran denken, dass die Häftlinge ihre Wärter überzeugen konnten, dass Maurer gebraucht werden und die jugendlichen Männer nicht nach Auschwitz sondern in die Schule gekommen sind. Das ein dreijähriger Junge jahrelang in der Kleiderkammer versteckt wurde und überlebt hat. Das den polnischen Kindern heimlich polnisch gelernt wurde, weil es eigentlich verboten war. Das ein Bildhauer ein Stück Holz versteckte und heimlich bearbeitete, nur um Kunst zu schaffen und alle ihn dabei halfen.
Diese gesamten Geschichten beweisen mir: In einer Welt der Grausamkeit, des Egoismus und Unbarmherzigen haben diese Menschen dort eines bewahrt: Würde, Wärme füreinander und Menschlichkeit.

So long,
nachdenklich,
Paula Sonne

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